Lange Jahre sind die Bedürfnisse von sehbehinderten und blinden Menschen bei der Stadtplanung vernachlässigt worden. Umso größer ist jetzt der Ehrgeiz, auf die Betroffenen und ihre Bedürfnisse einzugehen. Im Bau- und Umweltausschuss zeigten sich Manuela Dolf und Mirijam Bank nicht so ganz zufrieden. Sie wünschen sich eine noch stärkere Beteiligung und sind enttäuscht, dass die Markierungen in Holzbüttgen Blinde nicht zum neuen Ikea führen, sondern total in die Irre leiten.
Wenn es um Leitsysteme für Menschen mit Sehbehinderung geht, wollen die Betroffenen, die sich in der Selbsthilfegruppe "Kaarster Blind-Gänger" zusammengeschlossen haben, in stärkerem Maße eingebunden werden. "Wir können von niemandem erwarten, dass er sich in unsere Lage hineinversetzen kann", gab Mirijam Bank zu verstehen. Die Frau, die aufgrund einer Krankheit völlig erblindete, fügte hinzu: "Bei aller Empathie: In unsere Situation kann sich niemand hineinversetzen." Manuela Dolf schilderte, wie unbrauchbar die Markierungen hin zum neuen Ikea sind. Und gegenüber der NGZ beklagte sie, dass Blinde und Sehbehinderte längst nicht immer mit der Hilfsbereitschaft der Sehenden rechnen könnten. Hin und wieder käme es sogar zu gröbsten Beleidigungen wie dieser: "Blinde Schlampe, dich hat man wohl vergessen zu vergasen", berichtet sie.
Für Menschen mit normaler Sehkraft ist es kaum nachvollziehbar, wie wichtig für Blinde die Steine mit den Rillen, die sie mit ihrem Blindenstock abtasten, sind. Und die Steine mit den Noppen machen deutlich, dass jetzt eine neue Situation auf die Menschen mit Sehbehinderung zukommt.
"Was ist denn da passiert bei Ikea?", wollte Heinrich Hannen (Die Grünen) wissen. Tiefbauamtsleiter Jan Opial erklärte: "Es gibt keine einheitlichen Richtlinien für die Verlegung dieser Markierungen." Sein Vorschlag: "Wir müssen mit den Blinden und Sehbehinderten ein System entwickeln, das ihnen weiterhilft, das für die Betroffenen schlüssig ist." Der Ausschuss-Vorsitzende Josef Karis erklärte: "Wir steigen ein in diese Sache." Die SPD hatte die jetzt beschlossene Vorgehensweise beantragt. Hans-Georg Schell (CDU) gab zu verstehen, dass dies Zeit brauche: "Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden."
Zugestimmt wurde auch dem Antrag der Grünen: Ein Vertreter der Stadt Soest soll deren vielfältige Projekte für Blinde vorstellen.
23. Juni 2017 — NGZ von Rudolf Barnholt